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Wie verändert künstliche Intelligenz unsere Arbeitswelt?

 

Wohin führt uns die Reise mit der künstlichen Intelligenz? Was passiert dabei mit Arbeitnehmenden und der Gesellschaft? Darüber haben wir im Anschluss an die SAH Jahresversammlung mit Gästen im Maihof Luzern diskutiert, moderiert von NZZ-Redaktor Lukas Mäder.

 

Das Thema beschäftigt aktuell sowohl die Arbeitswelt als auch uns als Gesellschaft: künstliche Intelligenz (KI). So gross die Sorge bei den einen ist, so positiv blicken die anderen in die Zukunft. Dass KI eine grosse Veränderung bewirken wird, darüber waren sich auch unsere Podiumsteilnehmenden einig.

Mit ChatGPT ist die KI bei vielen Schweizerinnen und Schweizern angekommen. Das Sprachmodell wurde Ende November 2022 von der in San Francisco ansässigen Firma OpenAI als Web-App veröffentlicht. Seither kann sich die grosse Masse aktiv mit künstlicher Intelligenz befassen und herausfinden, was sie zu leisten imstande ist. „Aber KI ist nicht neu“, sagte Simon Felix, Co-Founder Ateleris GmbH und Senior Researcher an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Bereits in den 1940er-Jahren wurde mit den ersten Versuchen zur Entwicklung von künstlicher Intelligenz begonnen, was im Jahr 1948 in einem ersten Schachprogramm mündete. Vierzig Jahre später gelang der SBB mit dem ersten Fahrplanrechner eine Schweizer KI-Innovation.

Seither haben Fortschritte in der Rechenleistung, Algorithmen und Datenverfügbarkeit dazu geführt, dass KI-Technologien in immer mehr Anwendungsgebieten eingesetzt werden. Neben Sprachverarbeitung und Games sehen wir KI heute in Bereichen wie Bilderkennung, Rekrutierungsprozessen und vielem mehr. 

Kritisch äusserte sich Bettina Dürr von AlgorithmWatch CH zum Thema. Die gemeinnützige Organisation beobachtet algorithmische Prozesse, ordnet diese ein und entwickelt Systeme, wie KI erkannt werden kann. Ziel der Organisation ist es, dass algorithmische Systeme und KI der ganzen Gesellschaft und jedem einzelnen Menschen zugutekommen. „Es ist wichtig, dass wir uns der Limitierung und möglicher negativer Effekte neuer Technologien bewusst sind. Nur weil etwas technisch möglich ist, heisst es noch nicht, dass es sinnvoll, zielführend oder ethisch vertretbar ist“, sagte Dürr. Gerade im Bereich der Rekrutierung von Mitarbeitenden könne KI gängige Diskriminierungsmuster verstärken und neue entstehen lassen. Bereits seit Längerem können wir Diskriminierung hinsichtlich Alter, Herkunft oder sexueller Orientierung nachweisen. Dies kann mittels Datenpunkten im Rekrutierungsprozess reproduziert werden.

Digitale Kompetenzen stärken
Für Dr. Annika Henrizi, Fachreferentin soziale Transformation an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit, ist KI Teil ihrer täglichen Arbeit, sowohl bei der Arbeit mit den Studierenden als auch bei ihrer Tätigkeit als Forscherin. „Studierende haben sich bereits an KI gewöhnt und setzen diese ein“, sagte sie. Unsere Aufgabe sei es, KI als etwas Neues in eine neue Logik zu bringen. Dafür brauche es Regeln und die kritische Betrachtung, wo KI sinnvoll sei. Im Sinne der Chancengleichheit überlegt sich die Hochschule Luzern, künftig mit jedem Studium ein kleines Grundwissen an digitaler Kompetenz zu vermitteln.

Auf Mäders Frage, ob wir zu viele Probleme bei KI sehen und ob KI uns alle arbeitslos mache, meinte Felix: „Jede Innovation führte zu Diskussionen. Aber die Erfahrung zeigt: Mit jedem Technologiewechsel entstehen neue Arbeitsplätze. Entsprechend ist jeder Technologiewechsel eine Chance.“

Dazu ergänzte Henrizi: „Wichtig ist, dass mit KI der digitale Gap innerhalb der Gesellschaft nicht noch grösser wird. Denn KI ist nicht nur einfach. Um KI wirkungsvoll zu nutzen, müssen wir die Menschen schulen und ihre Kompetenzen erweitern.“ Niedriglohnjobs würden mit KI verloren gehen, aber neue, interessantere Jobs könnten entstehen. Dürr plädierte, dass wir die Profite, die durch die Nutzung von KI entstehen, besser in der gesamten Gesellschaft verteilen.

Zur abschliessenden Frage, was Kinder heute noch lernen sollen, meinten die Podiumsteilnehmenden, kritisches Denken und ein Grundverständnis, wie ein logisches Sy-tem funktioniert, seien wichtig. Aber auch Empathie und ein sicherer Umgang mit Sprache seien entscheidend, damit KI gute Resultate generieren kann. Und: rausgehen und in der Erde wühlen, soziale Beziehungen pflegen und leben.

Wir sind gefordert
Die spannende Diskussion abgeschlossen hat der Moderator mit Wortmeldungen aus dem Publikum. Bei uns als soziale Institution wird die Diskussion nachklingen. Sowohl beim SAH Zentralschweiz als auch in einer nationalen Arbeitsgruppe von SAH Schweiz werden wir das Thema weiter diskutieren und nach Wegen suchen, wie wir unsere Klientinnen und Klienten für eine Arbeitswelt mit KI fit machen. Als Gesellschaft sind wir gefordert, Regeln für eine sinnvolle Nutzung von KI festzulegen. Damit stellen wir sicher, dass KI-Technologien zum Wohl der Gesellschaft eingesetzt werden und unser gemeinsames Ziel einer nachhaltigen, ethischen und integrativen Entwicklung unterstützen.

Der Text erschien im Rahmen unserer letzten SAH News.