Die Arbeitsintegration von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen ist mehr als nur ein Schritt in die Arbeitswelt. Sie ist der Schlüssel zur gesellschaftlichen Teil-habe und Selbstständigkeit. Ein Gespräch mit Jutta Kunz, Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) des Kantons Luzern. Arbeit ermöglicht die soziale und berufliche Integration.
Welche weitere Bedeutung misst die Dienstelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) der Arbeitsintegration bei?
Jutta Kunz: Die nachhaltige Arbeitsintegration von Menschen im Asyl‑ und Flüchtlingsbereich und ihre damit verbundene Ablösung von der wirtschaftlichen Sozialhilfe bilden die Kernaufgaben der DAF. Mit der Einführung der Integrationsagenda Schweiz haben sich Bund und Kantone auf eine neue Strategie geeinigt, wie wir Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene begleiten.
Im Jahr 2024 hat der Bund eine verstärkte Arbeitsintegration gefordert, besonders für Menschen mit Schutzstatus S. Wie hat die Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) darauf reagiert?
Diese Forderung führte zu einem Systemwechsel: War die Teilnahme an Integrationsmassnahmen zuvor freiwillig, ist diese seit 2024 obligatorisch. Menschen mit Schutzstatus S müssen nun an Arbeitsintegrationsmassnahmen wie Deutschkursen und Jobcoachings teilnehmen – genau wie Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene. Die Nachfrage nach Bewerbungskursen ist seitdem erheblich gestiegen. Die DAF hat unter anderem in Zusammenarbeit mit weiteren Akteur*innen (Arbeitsmarktbeauftragter EJPD, WAS wira, BIZ, LUkraina) Sensibilisierungsveranstaltungen für Personen mit Status S durchgeführt. Innerhalb von 13 Monaten konnten wir so die Erwerbstätigkeit von Personen mit Status S von 19 Prozent auf 35,2 Prozent erhöhen und nähern uns den vom Bund aktuell geforderten 40 Prozent bzw. bis Ende 2025 45 Prozent.
Welche Angebote braucht es, damit Arbeitsintegration auch in Zukunft gelingt?
Erst müssen wir die Menschen nach ihrer Ankunft mit Basisinformationskursen dabei unterstützen, sich zurechtzufinden. Dann müssen wir die Menschen in der Arbeitsintegration eng und professionell sowie vor allem auch individuell beraten und begleiten. Wir führen Potenzialabklärungen durch, um Bildungspotenziale und ‑defizite aufzudecken und die Integration entsprechend zu gestalten. Dann folgen Qualifizierungsprogramme und Praxiseinsätze im ersten und zweiten Arbeitsmarkt. Als abschliessende Massnahme im Erstintegrationsprozess spielt das Jobcoaching eine wesentliche Rolle. Der Prozess wird begleitet mit regelmässigen Standortgesprächen.
Die Arbeitswelt verändert sich gerade stark. Wie wirkt sich das auf die Arbeitsintegration aus?
Die Anforderungen an Arbeitskräfte steigen, und nicht alle können mithalten. Unsere Aufgabe ist es, allen Personen, unabhängig vom Bildungsstand, einen Platz in der Arbeitswelt zu ermöglichen. Arbeitsintegration gelingt nur, wenn wir die persönliche Situation der Menschen berücksichtigen und so die Entwicklungsschritte anstossen. Für Menschen mit geringer Leistungsfähigkeit sind allenfalls neue Beschäftigungsformen notwendig. Dafür braucht es ein koordiniertes und kreatives Mitdenken aller Akteur*innen im Unterstützungssystem.
Die Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) arbeitet mit verschiedenen Arbeitsintegrationsorganisationen. Was erwarten Sie von diesen?
Das Zusammenwirken verschiedener Fachstellen, also eine interdisziplinäre Vorgehensweise, ist für eine gelingende Integration unabdingbar. Wichtig ist auch, dass die DAF und die Partnerorganisationen ein gemeinsames Verständnis von Integration haben, die – wie gesagt – professionell, individuell und zielgerichtet erfolgen soll. Um die Integration zu optimieren, erwarten wir einen konstruktiven Austausch mit den Organisationen, in dem wir uns gegenseitig Rückmeldungen geben. Schliesslich erwarten wir von Arbeitsintegrationsprogramm‑Anbietenden, dass sie flexibel auf sich verändernde Gegebenheiten im Arbeitsmarkt reagieren. Eine enge Vernetzung mit Wirtschaft und Gewerbe ist dabei unerlässlich.